Freitag, 9. Mai 2008

Belgrad-Istanbul



Bin gestern in Istanbul angekommen und hab recht erstaunt festgestellt, dass ich bereits 3000km hinter mir habe und schon ueber einen Monat unterwegs bin.
nachdem ich recht ueberstuerzt aus Budapest geflohen bin, da ich festgestellt habe, dass ich das Großstadtleben trotz ueberwiegend freundlicher Menschen nicht mehr ertrage, ist mal wieder viel passiert. Da ich mich ja so gut wie gar nicht auf den europaeischen Teil der Reise vorbereitet habe, wurde ich recht angenehm von den Osterfeiertagen der lokalen Christen ueberrascht. Drei Tage nahezu kein Verkehr und in jedem zweiten Dorf bekomme ich Eier und Brot geschenkt.
Am zweiten Tag nach Belgrad muss ich feststellen, dass ich mich mal wieder auf der falschen Seite der Donau befinde und es mal wieder natuerlich keine Bruecke gibt. Da ich noch ueber eine recht beachtliche Menge serbisches Geld verfuege, beschliesse ich, die naechste und auch einzige Faehre zu nutzen und den Fluss zu ueberqueren. Dank eines Platzregens und dem freundlichem Angebot eines Bauern, mich in seiner Scheune ein Weilchen auszuruhen, den Regen abzuwarten und einen Liter frische Milch zu trinken, verpasse ich wie auch nicht anders zu erwarten, die Faehre um ca. 2 Minuten. Ein Blick auf den Fahrplan verraet, dass die naechste voraussichtlich 4 Stunden spaeter faehrt, unter der Voraussetzung, dass auf der anderen Seite genuegend Autos auf die Faehre wollen, damit sich die Fahrt rentiert. Recht frustriert fange ich an, meine soeben neu erworbene Karte zu studieren und mir eine Alternativroute zu ueberlegen, als mich ein Bauarbeiter in bestem Oxford Englisch anspricht, mich auf ein Bier einlaedt und mir erklaert, dass sein Bruder ein ortsansaessiger Fischer ist und mich auf die andere Seite bringen wuerde, sobald der Regen aufhoehrt.
Kaum war das Bier geoeffnet, hoerhte tatsaechlich der Regen auf, mein Fahrrad wird in einen winzigen Aussenborder verladen und ich werde von einem sehr lebhaften, froehlichen Menschen die ca. eineinhalb km auf die andere Seite gebracht.
Kaum ein paar km gefahren schon die naechste Ueberraschung. Die hier recht maechtige Donau prallt voll gegen eine massive Felsbarriere und der gut einen km breite Fluss quetscht sich die naechsten 50 km durch eine teilweise nur 100m breite bis zu 800m tiefe Schlucht. Mit atemberaubender, von ein paar brennenden Muelkippen abgesehen, unberuehrter Natur.
Nach der Schlucht versuche ich dann die bulgarische Grenze ausfindig zumachen. Bereits nach wenigen Stunden und etlichen Sackgassen finde ich die richtige Straße und schaffe es sogar, den recht stupiden bulgarischen Grenzbeamten klar zumachen, dass Bulgarien nun auch Teil der EU ist und ich somit definitiv keine 15Euro fuer ein Visum zahlen muss.
Und die inkompetenten Grenzbeamten sollten nicht die letzte unangenehme Ueberraschung sein. In der naechsten Stadt angelangt wird mir freundlich in etlichen verschiedenen Banken erklaert, dass es absolut unmoeglich ist, serbisches Geld in die hiesige Waehrung oder irgend eine andere zu tauschen. Genauso verhaelt es sich mit meinem verbliebenen ungarischen Geld. Also muss ich trotz der gut 200Euro, die ich in diversen Waehrungen bei mir habe, mal wieder Geld abheben und Dank der Tatsache, dass hier die Automaten grundsaetzlich nicht mehr als 25euro ausspucken, wahrscheinlich das selbe an Gebuehren zahlen wie ich abhebe.
nach nur wenigen km muss ich erschreckt feststellen, dass die hiesigen Asphaltstrassen in einem noch schlechteren Zustand sind als in Serbien und somit eine Qualitaet erreichen, dass es oftmals einfacher ist, neben der Strasse in der Wiese zu fahren als auf der Strasse.
An meinem dritten Tag in Bulgarien treffe ich auf eben einer dieser Strassen Waut, einen niederlaendischen Radler, der gerade auf dem Weg nach Asien ist. Da auch er nach Istanbul will, fahren wir abs ofort zusammen. Am naechsen Tag beschliessen wir, der Donau den Ruecken zuzukehren und uns auf direktem Weg in Richtung einer der beiden Grenzuebergaenge in die Tuerkei auf zumachen. Irgendwo in der wunderschoenen Berglanschaft reisst mir dann das Kabel von meinem Tacho Somit weiss ich jetzt nicht mehr, wie viele km ich genau habe.
Etliche 100 Hoehenmeter spaeter und bei quaelendem Dauerregen erreichen wir endlich die tuerkische Grenze, wo ich endlich mal wieder angenehm ueberrascht werde. Deutsche sind so ziemlich die einzigen, die kein tuerkisches Visum bezahlen muessen. Waut muss 10 Euro zahlen.
Kaum ueber die Grenze, haben wir das Gefuehl, in die Zivilisation zurueck zu kehren. NEUE Strassen. Und all die Hoehenmeter der letzen Tage wieder runter. Am naechsten Tag ist es fuer uns nahezu unmoeglich, vorranzukommen. Ueberall werden wir auf einen Tee eingeladen und uns werden Fruechte in rauhen Mengen aufgedraengt. Gegen Mittag treffen wir auf die gesammelte Lehrergemeinschaft eines kleinen Kaffs, die gerade eine kleine Spazierfahrt mit dem Rad machen und in unsere Richtung unterwegs sind. Der englischlehrer fungiert als Dolmetscher und so endet der Tag nach nur ca. 50km in einer geselligen Runde und mit etlichen Bieren.
Am naechsten Tag treffen wir auf einen irischen Radler, der gerade auf dem Weg von Indien nach Hause ist. Wir tauschen etliche nuetzliche Infos unter anderem die Adresse des besten und wohl auch einzigen Radladens Istanbuls.
Ca. 60km vor Istanbul wird der Verkehr derart pervers, dass Weiterfahren an Selbstmord grenzt. Also Daumen raushalten und drauf hoffen, dass irgendjemand bereit ist, zwei Menschen, deren letzte Dusche gute 3 Wochen zurueckliegt samt deren gut 50 kg schweren Raedern mitzunehmen.
Und wer haette das gedacht: nach nur 5 Minuten haelt ein Klein aster, laedt unsere Raeder auf und bringt uns ins Stadzentrum, nur 2km vom angestrebten Hostel entfernt.